Über die ISG: Mehr Licht, weniger Schmutz von Martin Bold – KStA 2.6.2016

Mehr Licht, weniger Schmutz

EINZELHANDEL Eine neue Immobilienstandortgemeinschaft möchte das Vringsveedel deutlich attraktiver machen

VON MARTIN BOLDT

ISG Severinstrasse

ISG Severinstrasse

Vringsveedel. Um das Quartier aufzuwerten und früh auf Veränderungen im Einzelhandel und auf dem Immobilienmarkt reagieren zu können, beabsichtigt die Interessengemeinschaft Severinsviertel zusammen mit der Stadt Köln einen Immobilienstandortgemeinschaft (ISG) für die Severinstraße sowie den Karl-Berbuer-Platz, den Severinskirchplatz, das Severinskloster, das Hirschgässchen und Teile der Straße „An der Eiche“ zu gründen. In mehreren Treffen mit den Hausbesitzern und der zur Beratung hinzugezogenen Agentur CIMA wurden Handlungsfelder bestimmt und Maßnahmen besprochen. Hier ein Überblick über das Projekt:

Auf welche Tätigkeitsfelder will man sich konzentrieren, welche Ideen sollen umgesetzt werden?

Das Paket umfasst insgesamt 13 Maßnahmen in den beiden Bereichen Standortentwicklung und Marketing: Neben einer Immobilienberatung, die die Eigentümer auf Wunsch bei der Wertsicherung ihrer Immobilien unterstützt, soll das Viertel zusätzlich mit Bäumen und Pflanzkübeln begrünt werden. Ein weiteres zentrales Element zur Steigerung der Attraktivität ist Licht. Sowohl die Severinstorburg im Süden als auch die wichtigsten Gebäude des insgesamt 900 Meter langen Plangebiets sollen aufwendig aus- beziehungsweise angeleuchtet werden. Ein Quartiershausmeister soll sich um die Sauberkeit des Veedels kümmern. Regelmäßige thematische Führungen sollen Uneingeweihten die besondere Historie und die prominenten Bürger der Südstadt – angefangen von alten Römergräbern oder Trude Herr bis hin zu Wolfgang Niedecken – näher bringen.

Viel für die Außenwerbung in der Adventszeit versprechen sich die Einzelhändler von einer neuen Weihnachtsbeleuchtung. „Die alte ist bereits marode und kann nur noch bedingt an den Häusern installiert werden. Hier muss dringend etwas Neues her“, erklärt Wolfgang Haensch von der Agentur CIMA. Einen werbenden Effekt verspricht man sich auch von wiederkehrenden Events wie einem Designflohmarkt „An der Eiche“ und dem „Musikalischen Mittag“ auf dem Severinskirchplatz. Gerade letzterer Platz, so Haensch, biete den Menschen aktuell nur wenig Verweilqualität. Dies solle künftig ein temporäres Gastroangebot, dass in den Sommermonaten durchweg an einem bestimmten Wochentag stattfindet, ändern.

Wie hoch ist das angedachte Budget für die ISG, welche Kosten kommen auf die Hauseigentümer zu?

Das Gesamtbudget für drei Jahre beläuft sich auf knapp 300 000 Euro, wobei 235 000 Euro zur Standortaufwertung und für Marketingmaßnahmen eingesetzt werden. Etwas mehr als 46 000 Euro sind für die Organisation (Personal-, Sach- und Mietkosten) eingeplant. Jeder Hausbesitzer wird durch eine verpflichtende, jährliche Abgabe in Höhe von 1,5 Prozent des Einheitswerts seiner Immobilie beziehungsweise des Grundstücks beteiligt. „Für kleinere Eigentumswohnungen sind das je 50 Euro pro Jahr“, erklärt IG-Vorstand Thorsten Fröhlich. Für Besitzer von ganzen Wohn- und Geschäftshäusern kann dieser Betrag auf bis zu 1250 Euro im Jahr steigen. Budgetaufstockungen durch Sponsoren sind möglich.

Wie groß ist der Rückhalt unter den Hauseigentümern für die Idee einer Immobilienstandortgesellschaft?

Von den insgesamt 300 Eigentümern haben ungefähr ein Drittel intensiv an den Beratungen teilgenommen. „Wir haben in allen Veranstaltungen Probeabstimmungen gemacht, und die waren immer positiv“, sagt Haensch. Uninformiert dürfte niemand mehr sein: Um an alle Adressen aus dem Melderegister zu gelangen, hat die IG Severinsviertel mit dem zuständigen Amt der Stadt kooperiert.

Gibt es Immobilienstandortgemeinschaften bereits woanders?Ja, in mehreren Städten. Als Musterbeispiel für ihr Potenzial gilt Gießen, in dessen Innenstadt seit zehn Jahren gleich vier dieser Zusammenschlüsse existieren. Heinz-Jörg Ebert, Einzelhändler und Vorsitzender einer dieser Aktionsgemeinschaften, berichtete im Vringsveedel von seinen Erfahrungen: „Gießen war ein hässliches Entchen. Ein Ort, in den vor Jahren kaum jemand freiwillig gezogen wäre. Heute wachsen wir schneller als Frankfurt.“ Der wichtigste Vorteil gegenüber klassischen Werbegemeinschaften sieht er in der Planungs- und Finanzierungssicherheit, die durch das festgesetzte Budget erreicht wird. „Statt sich um die Akquise von Geldern zu kümmern, kann man sich auf die Umsetzung von Projekten konzentrieren.“

Was ist die rechtliche Grundlage für die IGS?

Die Regeln für eine ISG definiert das Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften des Landes NRW aus dem Jahr 2008. In einem räumlich klar abgegrenzten Bereich, zum Beispiel einer Einkaufsstraße, wird hierbei auf Initiative lokaler Akteure ein konkreter Maßnahmenplan zur Verbesserung des geschäftlichen Umfelds und zur Sicherung der Haus- und Grundstückswerte umgesetzt. Die ISG tritt in Kraft, wenn nur eine untergeordnete Anzahl (maximal ein Drittel) von Grundeigentümern gegen das Vorhaben aktiv Einspruch erhebt.

Wie sieht das weitere Prozedere aus?Die Ergebnisse der Planungsphase gehen noch vor der Sommerpause als Mitteilung an die Stadtverwaltung, die das Vorhaben zunächst der Bezirksvertretung und dann dem Rat zum Beschluss vorlegt. Wird dieser gefasst, schreibt die Stadt alle potenziellen Teilnehmer der ISG an und führt ein Abstimmungsverfahren durch, dessen Ergebnis dann die bindende Grundlage für die Gründung der ISG darstellt. Fröhlich rechnet mit einem Ergebnis bis zum Ende des Jahres. Dann soll auch ein eingetragener Verein gegründet werden, der die Organisation übernimmt.

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der DuMont Service GmbH vom 7.6.2016 Download: Artikel KStA 2.6.2016